French Nordic Cuisine im Haebel in St. Pauli

Selten wurde ich vor einem Restaurant Besuch so oft darauf angesprochen, dass ich unbedingt davon berichten müsse, wie es war.
Fabio Haebel hat sich mit seiner neuesten Neufindung schnell einen guten Namen in der Hansestadt gemacht. Aus der Tarterie St. Pauli wurde das Restaurant Haebel.

Im Haebel wird French Nordic Cuisine gekocht. Dabei verbinden sich französische Kochkunst mit der modernen Nordic Cuisine, die für regionale, saisonale und häufig biologische Lebensmittel steht.

Schon länger verfolge ich die kunstvollen Teller vom Haebel auf deren Instagram-Account. Mein 31. Geburtstag war nun der perfekte Anlass, dem kleinen Restaurant, nicht weit entfernt von der lauten Großen Freiheit, einen Besuch abzustatten.

Gut durch den Verkehr gekommen und somit etwas zu früh vor unserer Reservierung, stehen wir vor dem kleinen Lokal. Wir müssen gar nicht lange warten, da bittet uns Maitre Lutz schon herein.

Das Restaurant wartet innen mit wenigen Sitzplätzen auf und ist in einem modernen Vintage-Look gehalten. Eine Reservierung ist hier tunlichst angebracht und es kann durchaus passieren, dass man recht nah neben anderen Gästen sitzt. Die offene Küche, ebenso nicht sehr groß, bietet den Gästen spannende Einblicke und Ausblicke auf die nächsten Gänge. Selbst beim Waschraum zieht sich das schicke Design durch. Ein optisch rund um gelungenes Kleinod.

Unter smoothen Nouvelle Chanson Klängen von Zaz werden wir zu unserem Platz direkt an der offenen Küche (Jackpot!) geleitet, wo uns das Konzept erläutert wird. Das Haebel ist ein reines Menü-Restaurant mit 5 Gängen inkl. Wasser für 65€ pro Person. Das Menü gibt es vorweg nur als sogenannte Carte Blanche. Heißt, es sind dem Gast vorweg einige der Zutaten bekannt, mehr aber auch nicht. Die Überraschung gehört hier zum Konzept, was mich persönlich besonders freut.
Auf Wunsch wird auch vegetarisch serviert, aber eine Anmeldung ist angebracht.
Neben dem Wasser gibt es eine wohlsortierte Weinkarte von Sommelière Stephanie Döring vom Weinladen St. Pauli direkt um die Ecke und eine Weinbegleitung für 34€ pro Person. Wem Wein nicht schmeckt, für den hat das Haebel Bier der Landgang-Brauerei aus Hamburg im Angebot.

Bevor es richtig los geht, gönnen wir uns einen Crémant de Loire Rosé (7€) von Bouvet-Ladubay mit einem schön herben Abgang. Schnell kommt auch schon das Sauerteigbrot mit gesalzener Butter vorweg. Das dunkel ausgebackene Brot erinnert äußerlich stark an ein Tartine Bread von Chat Robertson und überzeugt mit einer fluffigen Krume.

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Weiter geht es mit dem ersten Gruß aus der Küche: Austern in einer Apfelvinaigrette. Mich konnten Austern bisher wenig begeistern, aber gerade die fein abgestimmte Säure mit einer leichten Süße ergibt hier einen schönen Appetitanreger und steigert die Freude auf die nächsten Teller.

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Im ersten Gang besticht der confierte Wildlachs sowohl durch eine klasse Farbe, als auch hohe Produktqualität. Begleitet wird er von Selleriepüree, gebratenem Sellerie, Hartkäse und Forellenkaviar. Der noch angenehm feste Wildlachs ist hier ganz klar der Star und nur der darüber gebröselte Hartkäse wirkt etwas fehl am Platz.

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Getrüffelte Wachteln auf in Orangensaft gegartem Chicorée mit eingemachten Kirschen und Haselnussbutter folgen. Die Wachteln perfekt auf den Punkt, aber dennoch, dank widerspenstigem Chicorée, etwas schwer zu essen. Bitter trifft hier auf die Säure der Orange und wird durch die Haselnuss abgemildert. Der aromatisch ambitionierteste Gang des Abends. Nicht mein liebster, aber geschmacklich so interessant, dass er positiv in Erinnerung bleibt. Das an sich sorgt schon für Begeisterung.
Die dazu gereichte Scheurebe von Katharina Wechsler ergänzt den Gang mit einem Korb voller Südsee-Früchten hervorragend.

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Exzellent sind die folgenden Ravioli, gefüllt mit Steinpilzen und abgerundet mit Bottarga (getrocknetem Fischrogen). Vermutlich das traditionellste Gericht des Abends, aber auch das Schönste.

Im Pass der offenen Küche tauchen inzwischen Reagenzgläser auf. Was wird das denn jetzt? Flüssigkeiten werden eingefüllt und wenig später stehen die Gläser schon auf unserem Tisch. Ein spaßiger Shot mit Kartoffelsuppe und Schnittlauchöl.

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Ochsenbacke mit dreierlei Zwiebel kommt als nächster Gang daher. Normalerweise empfinde ich den Hauptgang in Menüs als den Schwächsten. Die dichte Jus, die an der zarten Ochsenbacke haftet, überzeugt mich hier aber vom Gegenteil. Perfekt dazu, Zwiebel als Püree, geröstet und sauer eingelegt.

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Beim Dessert tritt der französische Teil von Haebels Küche noch einmal hervor. Eine Tartelette mit Apfelcreme und in Lavendel getränkter Apfelrose, dazu ein Honig-Milcheis runden das Menü ab. Das cremige Eis verblüfft mit dem Geschmack nach einer Tasse heißer Milch mit Honig – nur eben kalt.

Für alle, die es zum Dessert lieber deftig mögen, gibt es eine Käseplatte mit Früchtebrot. Ein schöner Abschluss, vor allem, wenn man zu zweit beide Gerichte teilen kann.

Ich trinke noch den letzten Schluck vom Süßwein und flott kommt auch schon die Rechnung, denn die nächsten Gäste werden schon erwartet. Im Sinne der Wirtschaftlichkeit ist dies bei einer so kleinen Location absolut verständlich.

Das Menü im Haebel wechselt monatlich und passt sich dem an, was es in der jeweiligen Jahreszeit eben gibt. Verlockend für einen weiteren Besuch, den wir uns schon fest vorgenommen haben.

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Paul-Roosen-Straße 31
22767 Hamburg

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