„Es ist vor allem eurer Beharrlichkeit von Verlagsseite zu verdanken, dass ich wieder begonnen habe, literarisch zu schreiben.“, sagt Stevan Paul im Gespräch mit dem mairisch Verlag. Den meisten ist er sicherlich vor allem als Kochbuchautor bekannt. Einige seiner Kochbücher habe ich bereits auf dem Blog besprochen.
Stevan schreibt aber auch kulinarische Erzählungen und neben seinem Roman „Der Große Glander“ (Affiliate-Link) hat er zwei wunderbare Erzählbände veröffentlicht. „Die Kichererbsen der Señora Dolores“ (Affiliate-Link) ist sein neuester und dritter Erzählband mit dreizehn Kurzgeschichten. Stevan Paul erzählt darin optimistisch von Begegnungen, Erinnerungen und den kleinen, flüchtigen Augenblicken, die uns mit Menschen und Gerichten verbinden.
Wie schon in den Büchern zuvor ist jede Erzählung durch ein passendes Rezept ergänzt. Damit kann man sich das Gelesene direkt in die eigene Küche holen. Ein paar Beispiele: „Rote Curry-Linsensuppe mit Gurken-Minz-Joghurt“, „Hähnchenherzen-Ragout“ und „Mushroom Cheeseburger“.
Der erste Text und die Namensgeberin des Buchs „Die Kichererbsen der Señora Dolores“ hat mich tief berührt. Keine 20 Seiten gelesen und schon hatte ich feuchte Augen. Dolores hat mich sehr an einen Menschen aus meinem Leben erinnert. So wie hier das Kichererbsen-Rezept, gab es solch ein Gericht auch in meinem Leben. Stevan Pauls Stärke ist es, Situationen so zu beschreiben, dass der/die Leser:in an eigene Geschichten und Personen erinnert wird.
„Herr Brandt hat Rücken. Und heute ist ein ganz schlimmer Tag.“
Natürlich gibt es auch Texte, die einfach nur charmant und kurzweilig sind. Viele sind humorvoll. Erstaunlich viele Charaktere, scheinen es mit dem Rücken zu haben. Ob der Autor selbst zu oft gebeugt über der Tastatur gesessen hat? Vielleicht muss er auch einmal zu dem Bäcker mit dem Talent für besonders feste Teige wie Herr Brandt aus der Geschichte „Masażu Bäcker“.
„Indien“ habe ich auch mit viel Freude gelesen: Herbert Weidinger ist Restaurant-Kontrolleur und nimmt es sehr genau. Zu genau, würden leidgeplagte Gastronomen sagen. Nach einer Schicksalsbegegnung mit einem Tellerwäscher bekommt sein Leben noch einmal neuen Schwung. Das alles ist mit einer schönen Leichtigkeit geschrieben und lässt einen mit mindestens einem Schmunzeln zurück. Und nach dieser Beschreibung möchte man auch direkt zum Inder oder gleich selbst kochen:
„Immer wieder kosten die Eheleute Weidinger kreuz und quer, genießen die buttrige Schärfe der Saucen, den körnigen Gewürzreis mit den gebratenen Auberginen, tunken weiches Fladenbrot in den kühlenden Joghurt, es wird ihnen warm, das Blut rauscht und die Ohren knacken vor Schärfe, die Nase ist frei, es duftet nach Kräutern, nach Ingwer, nach Anis und Zimt.“
Leser des Vorgängerbuchs Schlaraffenland werden sich sicherlich noch an den rebellischen Oberkellner Adam erinnern. In „Finale“ geht es um den Abschied von der Arbeitswelt und was danach kommt. Die Jungen stehen schon in den Startlöchern, mit eigenen Ideen und voller Kraft. Adam bleibt nur eine leere Wohnung und viel Zeit. Zum Glück bietet Stevan seinen Fans und Adam eine glückliche Auflösung und so nimmt auch das Buch ein gelungenes Ende.
So wie Señora Dolores noch einmal ihren berühmten spanischen Eintopf kocht, hat Stevan noch einmal zur literarischen Feder gegriffen. Hoffen wir, dass es nicht das letzte Mal war. „Die Kichererbsen der Señora Dolores“ ist eine Bereicherung für das Bücherregal kulinarisch Interessierter und das perfekte Geschenk für all jene, die das Essen lieben, sei es im Restaurant oder in der eigenen Küche.
Stevan Paul – Die Kichererbsen der Señora Dolores
Verlag: mairisch Verlag
Mit Illustrationen von Andrea Pieper
208 Seiten
24 Euro
ISBN 978-3-948722-33-3
Koch Kontor
Amazon (Affiliate-Link)
Lesung in der cohen+dobernigg Buchhandlung am 16.09.2024
Traditionell liest Stevan Paul aus seinem aktuellen literarischen Werk in der cohen+dobernigg Buchhandlung in Hamburg-St. Pauli. Hier sind ein paar fotografische Impressionen von dem Abend.