Als wir die Karten für das Event „6 Hands at the Backyard Fire“ kauften, waren wir uns sicher: „Wenn sich diese drei zusammentun, kann es nur gut werden.“
Heutzutage gibt es kaum ein Restaurant, das nicht mit „Regional und Saisonal“ wirbt. Bei Zur Erholung, Des Fleischers Tochter und dem Gut Haidehof wird dies noch einmal auf einer ganz anderen Ebene gelebt.

Zur Erholung ist eines dieser leider weniger bekannten Juwelen im Hamburger Speckgürtel. Das beschauliche Bioland-Restaurant mit seinen sehr hohen Decken, alten Säulen und einem Tanzsaal von 1899 liegt am Rand von Uetersen. Es wird von den Geschwistern Anne und Bernd Ratjen geführt. Anne ist für den Service verantwortlich, begeistert als fachkundige Sommelière und betreibt im gleichen Haus ihren Tante-Anne-Laden. Dort gibt es hochwertige Lebensmittel, ausgesuchte Weine und die hauseigene No-Show-Soup. Bernd hat in verschiedenen Stationen der (Sterne-) Gastronomie wertvolle Erfahrungen gesammelt. Er bringt heute dieses Wissen als Küchenchef ein und kreiert feine Gerichte für die Gäste.

Der Abend beginnt mit einem erfrischenden Cider als Aperitif, während Anne uns gekonnt einige Weinempfehlungen präsentiert. Wir entscheiden uns für einen Riesling Edition Johanniskreuz von St. Annaberg aus dem Holzfass. Der Wein hat gut eingebundene, feine Säure, dezentes Holz, etwas Steinobst und Karamell – ein Volltreffer!
Anne hat nicht nur eine tolle Weinauswahl, auch vom Konzept könnten sich einige Läden eine Scheibe abschneiden: Jede Flasche aus dem Tante-Anne-Laden gibt es für ein sehr faires Korkgeld von 19 € im Restaurant.

Selten stehen die Produzenten hinter den Gerichten so im Mittelpunkt wie an diesem Abend. Der Gut Haidehof hat das Gemüse angebaut und das Tier großgezogen, das von „Des Fleischers Tochter“ verarbeitet und anschließend von Bernd serviert wurde.

Wir starten mit den ersten kleinen Gängen, die wir uns im schnuckligen Innenhof und Garten „Bernie’s Backyard“ abholen dürfen. Die erste Runde beginnt mit „Blattkohl & Radieschen“, „Staudensellerie, Ei & Frühlingslauch“ und einem „Rindertatar mit Rhabarber-Ketchup & Wildkräutern“. Gerade letzteres ist unverschämt gut. Der Rhabarber-Ketchup ist meine Neuentdeckung für diesen Sommer. Aktuell leider nur vor Ort zu kaufen, aber hoffentlich bald auch bei weiteren Partnern verfügbar.

Ganz locker geht es den Abend über weiter. Immer wieder zieht es uns raus an den Grill und die Feuerstelle. Wir können dem Team beim Anrichten der Teller zuschauen und erhalten dabei Informationen über die Gerichte. Der nächste Teller ist eine Farmer-Wurst mit Rote Beete und Pak Choi vom Gut Haidehof und Des Fleischers Tochter mit einer Sauce aus fermentiertem Frühlingslauch.

Der Gut Haidehof, der heute Abend durch Hannes vertreten wird, liegt am Rand von Wedel, im Regionalpark Wedeler Au. Das idealistische Projekt ist ein Modellhof für regenerative Landwirtschaft, das zeigt, wie moderne Landwirtschaft im Sinne des Klimas und der Natur umgesetzt werden kann. Über 3000 qm Gemüsegarten werden biointensiv nach der No-Dig Methode ohne maschinelle Verdichtung bewirtschaftet. Auf dem Hof werden neben Hühnern auch Deutsches Schwarzbuntes Niederungsrind sowie einige Galloways in Weidehaltung gehalten, die ohne Hochleistungsfutter heranwachsen. In einer Kreislaufwirtschaft zwischen Anbau und Tierhaltung wird dem Boden nicht nur genommen, sondern auch wieder zurückgegeben. Ein Besuch lohnt sich, denn vor Ort gibt es auch einen Hofladen mit Gemüse und Fleisch vom Gut Haidehof.

Die nächsten zwei Gänge werden uns an den Tisch gebracht: Eine gehaltvolle Hühneressenz und eine deftige Gurkenkaltschale mit gegrillter Gurke.

Wir wechseln zum Rotwein und wieder hat Anne drei Empfehlungen für uns parat. Wir entscheiden uns für den Cuveé Ventum aus Merlot, Syrah und einer autochthonen Sorte Callet vom Weingut Can Axartell aus Mallorca.

Der nächste Teller wird draußen angerichtet und das „Backyard Fire“ kommt noch deutlicher zur Geltung. Die bunten Beten mit Kapern und Sauerteigbrot haben ein herrlich rauchiges Aroma – ein fantastischer Gang.

Die Erbsen für den nächsten Gang werden nur leicht am offenen Feuer gegart, wodurch sie ihr frisches Aroma und ihre knackige Textur bewahren. Eine ganz frische Erbse direkt aus der Schote braucht eigentlich nichts, aber vom Rauch charmant ummantelt hat sie etwas Besonderes. Dazu gibt es ein wunderbar zartes Stück Hanging Tender (Nierenzapfen).

Fleischermeister Daniel Wichern von Des Fleischers Tochter (ehemals Fleischerei Höpermann) aus Wedel ist für die Fleischcuts an diesem Abend verantwortlich. Daniel widersetzt sich dem Trend des Fleischereisterbens, indem er auf nachhaltigen Fleischkonsum statt Massenproduktion setzt. Da er ganze Tiere verarbeitet, bietet er auch ungewöhnliche Cuts an. Des Fleischers Tochter zeichnet sich durch Bio-Qualität, den Einsatz traditioneller Methoden und die konsequente Vermeidung von Chemikalien (wie Pökelsalz) aus.

Spitzkohl vom Grill ist fantastisch und wird mit einer schmackhaften Sauce und einem (scharfen 🔥) Kimchi serviert. Weiter geht es mit Forelle vom Rind und Zucchini mit Rucola. Eine schöne Schmorsauce umschmeichelt das zarte Fleisch.

Zum süßen Abschluss gibt es ein Feuerwerk von drei Desserts: Rhabarber-Tarte & Sorbet, Fenchel vom Grill am Mandelküchlein mit Blutorangensauce und mein Favorit: Vanilleeis mit buntem Mangold und Brioche.

Ein solch gelungener Abend schreit förmlich nach Wiederholung. Bis der nächste Termin bekannt gegeben wird, müssen wir nicht verzagen, denn in der Zur Erholung finden regelmäßig Veranstaltungen wie Bernies Dinner Club statt.
Der Fleischers Tochter hat eine eigene Pop-Up-Serie „Auguste“ und der nächste Termin ist schon am 20. und 21. Juli auf dem Gut Haidehof.
Neben dem Hofladen gibt es auf dem Gut Haidehof auch regelmäßig Veranstaltungen, die meist auf Instagram angekündigt werden.